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Die (Schutz-) Engel von Friedenau

Sie halten Weinreben, Weltkugeln, Federkiele (wir sind schließlich im Schriftsteller-Viertel!) in den Händen, schauen von Simsen, Kapitellen, Rundbögen, Erkern zu uns herab. Sie heben segnend die Hände, winken uns zu, thronen auf Muscheln, Rosen, Blattornamenten. Mit ihren Kindergesichtern, oft auch den Zügen erfahrener Frauen, begleiten sie uns, als könnte sie nichts erschüttern, als würde für sie die Zeit nicht vergehen, als wüssten sie über alles Bescheid. Mit ausgebreiteten Flügeln, die an den Schultern, manchmal bereits am Hals oder gar an den Ohren beginnen, sind sie sich selbst genug, fangen sie unsere Blicke, grüßen zurück...

1973 schrieb Christoph Meckel, der damals hier in Friedenau in der Brünhildestraße 3 lebte, einen der schönsten, poetischsten und traurigsten Romane aller Zeiten: Boxhorn. Die Geschichte von Sauly und Nick, zwei Straßenkindern, die per Anhalter auf dem Weg ans Meer sind, dem Ort ihrer Sehnsucht. In einem Motel erzählt ihnen ein Lastkraftfahrer, er hätte gerade den Schutzengel des jüngeren, Sauly, verkauft, woraufhin dieser krank wird; nur die Hoffnung, seinen Schutzengel wieder zu finden, hält ihn am Leben.

Das atemberaubende, herzerschütternde Buch wurde 1984 in einer DEFA-Produktion von Frank Bayer verfilmt, das Drehbuch schrieb Ulrich Plenzdorf.

Ohne Schutzengel kein Leben.

Vielleicht finden Sie Ihren Schutzengel ja hier in Friedenau...



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